29.10.2019Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Oktober 2019

Kein Urlaub in der passiven Phase der Altersteilzeit

Pressemitteilung BAG vom 24. September 2019 – 9 AZR 481/18

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Urlaubsrecht befindet sich seit einiger Zeit im Umbruch. Hintergrund dieses Wandels ist die Rechtsprechung des EuGH, dessen Verständnis des Urlaubsanspruchs von dem des BAG grundlegend abweicht. Das BAG war daher zuletzt mehrfach gehalten, seine bisherige Rechtsprechung zum Umfang des Urlaubsanspruchs zu ändern. So auch in seiner Entscheidung vom 24. September 2019 – 9 AZR 481/18 – (siehe Pressemitteilung des BAG vom selben Tag), die die Frage zum Gegenstand hatte, ob ein Arbeitnehmer während der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell Urlaubsansprüche erwirbt, die am Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten sind.

Zum Sachverhalt

Im vom BAG entschiedenen Fall war der Kläger bei der Beklagten zunächst im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt. Mit Wirkung zum 1. Dezember 2014 vereinbarten die Parteien im Rahmen einer Altersteilzeit die Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte der ursprünglichen Arbeitszeit im sog. Blockmodell. Nach dieser Vereinbarung war der Kläger im ersten Teil der Altersteilzeit bis zum 31. März 2016 zur Arbeitsleistung im bisherigen Umfang verpflichtet. Anschließend wurde er bis zum 31. Juli 2017 freigestellt. Für die Dauer der gesamten Altersteilzeit bezog der Kläger das anteilig reduzierte Gehalt zuzüglich der Aufstockungsbeträge. In der passiven Phase der Altersteilzeit wurde dem Kläger kein Urlaub gewährt. Der Kläger vertrat die Ansicht, dass ihm die Beklagte für den während der Freistellungsphase nicht genommenen Urlaub eine Abgeltung der entsprechenden Urlaubstage schulde. 

Mit dieser Auffassung konnte der Kläger in den Vorinstanzen nicht durchdringen. Auch die Revision hatte keinen Erfolg.

Kein Urlaubsanspruch in Zeiten bezahlter (vereinbarter) Freistellung

Altersteilzeitarbeitnehmer, die sich in der Freistellungsphase ihres Arbeitsverhältnisses befinden und während des gesamten Kalenderjahres von ihrer Arbeitspflicht entbunden sind, haben, so das BAG, mangels Arbeitspflicht keinen gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub. Bei einem Wechsel von Arbeits- in Freistellungsphase im Laufe eines Jahres, sei der Urlaub nach Zeitabschnitten gemäß der Anzahl der Arbeitstage zu berechnen. Dabei sei die Freistellungsphase bei der Berechnung der Urlaubstage mit „Null“ Arbeitstagen anzusetzen, was zu einem Urlaubsanspruch von ebenfalls „Null“ Tagen für diesen Zeitabschnitt führe. Die Arbeitsverpflichtung sei in dieser Zeit nicht nur suspendiert, sie bestehe per se gar nicht mehr. Auch aus Gleichberechtigungsgesichtspunkten ergebe sich keine abweichende Beurteilung. Es fehle hierbei an einer Vergleichbarkeit mit Arbeitnehmern, die im selben Zeitraum gearbeitet haben, so dass weder gesetzliche Bestimmungen noch Maßstäbe des Unionsrechts, die zuletzt genannte Arbeitnehmer betreffen, auf Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell anzuwenden seien. Dies gelte vorliegend nicht nur für den gesetzlichen Urlaubsanspruch des Klägers, sondern auch für den vertraglich vereinbarten Mehrurlaub, da die Parteien hierüber keine abweichende Regelung getroffen hätten.

Konsequente Anpassung an die Rechtsprechung des EuGH

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das BAG erneut der Urlaubsrechtsprechung des EuGH und verneint in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung einen Urlaubsanspruch für Zeiten bezahlter (vereinbarter) Freistellung. Hierbei handelt es sich um eine konsequente Anwendung der Rechtsprechung des EuGH, der zufolge bei einem unterjährigen Wechsel der geschuldeten Arbeitstage die Berechnung des Urlaubsanspruchs für den jeweiligen Zeitabschnitt gesondert zu erfolgen hat. Für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß von der Arbeitsleistung freigestellt ist, sind dabei in Ermangelung von Arbeitstagen auch keine Urlaubstage zu gewähren. 

Praxishinweis

Erfreulich ist, dass das BAG mit seiner Entscheidung Rechtssicherheit im Hinblick auf die lange umstrittene Frage nach dem Urlaubsanspruch in der Freistellungsphase in der Altersteilzeit im Blockmodell schafft. Abzuwarten bleibt indes, ob das BAG diese Rechtsprechung auch auf andere Zeiten anwenden wird, in denen die Arbeitspflicht aufgrund einer Vereinbarung wie beispielsweise im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung nicht besteht. Dies wäre vor dem Hintergrund wünschenswert, dass dies die Abwicklung von Beendigungsvereinbarungen mit einvernehmlichen Freistellungsphasen erheblich vereinfachen würde.

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