30.11.2021Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht November 2021

Keine Altersdiskriminierung durch Formulierung „junges Team mit flachen Hierarchien“

Ein „junges (Start-up) Team“ darf sich bei der Personalsuche auch als solches bezeichnen, ohne, dass eine Altersdiskriminierung damit verbunden ist. 

LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 1.07.2021, 5 Sa 1573/20

Bezieht sich ein erst kürzlich gegründetes Start-up-Unternehmen im Rahmen seiner Stellenanzeige auf sein „junges Team mit flachen Hierarchien“, stellt dies keine Altersdiskriminierung dar, sofern die Gesamtumstände ergeben, dass es sich hierbei lediglich um die Beschreibung einer Belegschaft handelt, die erst seit kurzer Zeit besteht. 

Sachverhalt

Die Parteien streiten um einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im Rahmen einer Stellenanzeige. 

Der 48-jährige Kläger bewarb sich auf eine Stellenanzeige der Beklagten (ein im Jahre 2017 neu gegründetes Start-up-Unternehmen) auf eine als „(Junior) Key-Account Manager (m/w/d)“ ausgeschriebene Stelle. Unter der Rubrik „Wir bieten“ gab die Beklagte im Rahmen ihrer Stellenanzeige an, „ein junges Team mit flachen Hierarchien“ zu sein, welches ihren Bewerbern daher einen „echten Gestaltungsspielraum ermögliche“. 

Nachdem der Kläger eine Absage erhielt und die Stelle anderweitig besetzt wurde, klagte er beim Arbeitsgericht Berlin wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 5.000 Euro. Aus seiner Sicht sei der Stellenanzeige eine Altersdiskriminierung jedenfalls inzident zu entnehmen. 

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab. Die Bezeichnung „junges Unternehmen“ beschreibe eine Eigenschaft des Unternehmens, nicht eine Erwartung an das Alter der Bewerber. Auch die Bezeichnung „Junior“ im Rahmen der Beschreibung der zu besetzenden Position gebe keinen Hinweis auf ein bestimmtes Lebensalter. 

Entscheidung

Auch die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. 

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ist ebenfalls der Auffassung, dass die Beklagte mit der Formulierung „junges Team“ im Rahmen ihrer Stellenanzeige nicht gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen habe. 

Vielmehr sei die Formulierung als Hinweis darauf zu verstehen, dass Bewerber bei der Beklagten ein Unternehmen zu erwarten haben, dass nicht aus einer seit langem eingespielten Belegschaft bestehe. Ein Hinweis auf die Zusammenarbeit mit jungen Menschen sei hiermit nicht verknüpft. 

Der Hinweis auf flache Hierarchien und einen „echten Gestaltungsspielraum“ bekräftige, dass keine Aussage über die einzelnen Belegschaftsmitglieder, sondern über die Belegschaft in ihrer Gesamtheit gemacht werde. 

Dass trotz dieses nahliegenden Verständnisses gleichwohl eine junge Person gesucht werde, könne entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Stellenausschreibung entnommen werden. Die durchgehende Verwendung der zweiten Person („Dir“, „Deine“) sei kein Hinweis darauf, dass jugendliche Personen angesprochen werden, sondern sei heutzutage eine in vielen großen Unternehmen übliche Art und Weise des vom Alter unabhängigen Ansprechens von Mitarbeitern. 

Schließlich stelle auch die Verwendung des Wortes „Junior“ in der Stellenbezeichnung keinen Bezug zum Lebensalter her, sondern zur Stellung in der Hierarchie des Unternehmens.

Die Revision ließ das LAG Berlin-Brandenburg zwar nicht zu, der Kläger hat jedoch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. 

Praxistipp

Auch wenn dieses Verfahren für den Arbeitgeber „glimpflich“ ausgegangen ist, sollten Bezeichnungen wie „hochmotiviert“, „jung und dynamisch“ in Stellenanzeigen möglichst vermieden werden. Ansonsten könnten hohe Entschädigungszahlungen oder jedenfalls lästige Rechtsstreitigkeiten drohen. 

In den vergangenen Jahren wurde die Frage von Altersdiskriminierung in Stellenanzeigen von unterschiedlichen Gerichten unterschiedlich entschieden. 

Beispielsweise entschied das LAG München im Jahr 2012 noch, dass die Verwendung der Formulierung „Wir sind ein junges dynamisches Team und ergänzen einander zu einer spannenden Herausforderung“ im Rahmen einer Stellenanzeige keine Diskriminierung wegen Alters enthalte, da sie der reinen Selbstdarstellung diene (LAG München 13.11.2021, 7 Sa 105/12). 

Im Jahr 2020 entschied das LAG Nürnberg dann allerdings, dass die Formulierung „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, dynamischen Team“, einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründe, da hierin eine Tatsache liege, die eine Benachteiligung des nicht eingestellten 61-jährigen Bewerbers wegen Alters nach § 22 AGG vermuten lasse (LAG Nürnberg 27.05.2020, 2 Sa 1/20).

Wir empfehlen daher, die jeweilige Stellenanzeige vor einer Veröffentlichung nochmals auf ihre inhaltliche Diskriminierungsfreiheit hinsichtlich sämtlicher unter § 1 AGG genannter Diskriminierungstatbestände (Rasse oder ethnische Herkunft, geschlechtsneutral, Religion/Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität) zu prüfen.  

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