11.03.2015Fachbeitrag

zuerst erschienen im Behörden Spiegel am 11.03.2015

Nebenleistungen und Transparenzgebot

BGH setzt neue Akzente für Energiekonzessionsvergaben

Weiterhin droht bei Verfahrensverstößen die Gesamtnichtigkeit des Konzessionsvertrags - verbunden mit einer kostenintensiven und aufwendigen Neuausschreibung für die Gemeinde. Der BGH setzt mit zwei aktuellen Entscheidungen neue Anforderungen und Rechtsgrundsätze für die Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen.


Einen sowohl für Energieversorgungsunternehmen als auch für Gemeinden besonders wichtigen Aspekt greift der BGH zur strengen Rechtsfolge von Verstößen bei der Konzessionsvergabe in seiner Entscheidung vom 07.10.2014 (Az. EnZR 86/13) auf. Grundsätzlich begründen Verfahrensmängel die Nichtigkeit des gesamten Konzessionsvertrags. Dies gilt etwa dann, wenn die Gemeinde ihre Auswahlkriterien mit Gewichtungen nicht vor der Angebotsabgabe allen Bietern mitgeteilt hat. Verstöße gegen ein diskriminierungsfreies und transparentes Auswahlverfahren, die Bieter unbillig behindern, führen somit regelmäßig zur strengen Rechtsfolge der Vertragsnichtigkeit.

Eine andere Beurteilung kommt nach Ansicht des BGH aber bei Verstößen gegen das Nebenleistungsverbot in Betracht. Soweit in einem Konzessionsvertrag unzulässige Nebenleistungen nach § 3 Abs. 2 Konzessionsabgabenverordnung (KAV) vereinbart sind, folgt daraus nicht zwingend die Gesamtnichtigkeit des Vertrags. Die Nichtigkeitsfolge umfasst in erster Linie nur die rechtswidrige Vertragsregelung. Soweit die unzulässige Nebenleistung aber Kriterium für die Auswahlentscheidung war oder sich in anderer Weise auf die Auswahlentscheidung der Gemeinde ausgewirkt hat, ist der Konzessionsvertrag insgesamt nichtig. Diese Klarstellung durch den BGH ist für die Praxis besonders wichtig, da bisher durch – häufig nur von einem Bieter unterstellte – mögliche Verstöße gegen das Nebenleistungsverbot stets das Schwert des Damokles über den Konzessionsvergaben schwebte. Eine Kommune konnte sich nicht sicher sein, dass während oder kurz nach einer Konzessionsvergabe irgendein Gericht eine gängige Vertragsregelung als Verstoß gegen das Nebenleistungsverbot qualifizieren würde.

Bekanntmachung zwei Jahre vor Ablauf Für Verstöße gegen die Bekanntmachungspflichten kennt die Rechtsprechung weniger Gnade. Dies ist auch richtig, schließt doch eine fehlende oder schwer zugängliche Bekanntmachung regelmäßig potenziell interessierte Unternehmen aus. Die Bekanntmachungspflichten der öffentlichen Hand lassen sich insbesondere aus dem Transparenzgebot und dem Diskriminierungsverbot herleiten.

Für Energiekonzessionsvergaben sieht § 46 Abs. 3 S. 1, 2 EnWG vor, dass die Gemeinde spätestens zwei Jahre vor Ablauf des Konzessionsvertrags das Vertragsende durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekanntgeben muss. Bei Gemeinden mit mehr als 100.000 an das Versorgungsnetz unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Kunden hat die Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen.

Eine aktuelle Entscheidung des BGH vom 18.11.2014 (Az. EnZR 33/13) betraf den eher seltenen Fall, dass eine Gemeinde einen Konzessionsvertrag vor Ablauf der Vertragslaufzeit vorzeitig verlängern wollte. Hierfür sieht § 46 Abs. 3 S. 3 EnWG eine entsprechende Bekanntgabe vor, damit sich interessierte Unternehmen bewerben können. Soweit sich andere Unternehmen bewerben, darf die Gemeinde die Konzession nur in einem fairen und diskriminierungsfreien Wettbewerbsverfahren vergeben. Für diesen Sonderfall sieht die gesetzliche Regelung kein spezielles Bekanntmachungsmedium vor. Allerdings gelten nach Ansicht des BGH die für gängige Konzessionsvergaben vorgegebenen Bekanntmachungsmedien, also Bundesanzeiger und gegebenenfalls zusätzlich EU-Amtsblatt. Verstöße führen zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags.

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