12.07.2022Fachbeitrag

Update Gesellschaftsrecht Nr. 31

Reform des Umwandlungsrechts

Umwandlungs-Richtlinie 2019/2121

Seit dem 20. April 2022 liegt nun der BMJ-Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 (UmwRL) vor. Der Referentenentwurf sieht im Detail eine Vielzahl von Änderungen des bestehenden UmwG vor. Ganz offensichtlich soll die Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie zum Anlass genommen werden, um das nationale Umwandlungsrecht insgesamt zu reformieren und fit für die Zukunft zu machen. Der Referentenentwurf stellt insofern eine der umfassendsten Reformen des deutschen Umwandlungsrechts seit Inkrafttreten des UmwG im Jahr 1995 dar.

EU-Company Law Package der EU-Kommission als Ausgangspunkt

Ausgangspunkt der Reform sind Bestrebungen der EU-Kommission zur EU-weiten Vereinheitlichung und Vereinfachung des Umwandlungsrechts zum Zwecke einer effektiven Umsetzung der europäischen Niederlassungsfreiheit nach Artt. 49, 54 AEUV. Bislang existiert lediglich für grenzüberschreitende Verschmelzungen innerhalb der EU mit der EU-Verschmelzungsrichtlinie ein einheitliches EU-weites Rechtskorsett (das in Deutschland mit Einführung der §§ 122 a ff. UmwG national umgesetzt worden ist.

Umwandlungsrichtlinie des EU-Parlament

Um auch für die beiden weiteren Hauptanwendungsfälle grenzüberschreitender Umwandlungen (neben Verschmelzung noch Formwechsel und Spaltung) zumindest für Kapitalgesellschaften einen einheitlichen Rechtsrahmen innerhalb des Binnenmarkts zu schaffen, hat die EU-Kommission im April 2018 das „Company Law Package“ vorgestellt. Das Europäische Parlament hat diesen Richtlinienvorschlag im November 2019 mit der Verabschiedung der UmwRL weitgehend angenommen und ist von den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten binnen drei Jahren bis zum 31. Januar 2023 umzusetzen.

Umsetzung in nationales Recht 

Zu diesem Zweck ist nun der Referentenentwurf des BMJ (UmRUG-RefE) vorgelegt worden. Die wichtigsten Änderungen lassen wie folgt zusammenfassen:

Schutz der Anteilsinhaber 

  • Die Interessen der (Minderheits-) Gesellschafter sollen einheitlich entsprechend dem jetzigen nationalem System vorrangig durch die Ermöglichung eines Austritts aus der von der jeweiligen (grenzüberschreitenden) Umwandlungsmaßnahme erfassten Gesellschaft gegen eine angemessene Barabfindung und ein angemessenes Umtauschverhältnis geschützt werden. Außerdem sollen die Gesellschaften die Möglichkeit erhalten, anstelle einer baren Zuzahlung zusätzliche Anteile – im Falle einer involvierten AG also gegen Gewährung von Aktien – zu gewähren.

Schutz der Gläubiger

  • Ein hinreichender Gläubigerschutz soll – entsprechend der bestehenden nationalen Rechtslage – vorrangig durch das Erfordernis einer Prüfung der Barabfindung durch einen unabhängigen Gutachter gewährleistet werden. Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen und Spaltungen erstreckt sich diese Prüfung auch auf das Umtauschverhältnis. Zudem sollen etwaige Ansprüche auf Sicherheitsleistung vor dem für die Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung zuständigen Registergericht prozessual durchgesetzt werden können.

Schutz der Arbeitnehmer

  • Es werden die in der UmwRL vorgesehenen Vorschriften zur Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter im Vorfeld der grenzüberschreitenden Umwandlung umgesetzt. Vor Ausstellung der Umwandlungsbescheinigung prüft das Registergericht, ob die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen Zwecken durchgeführt wird, worunter im Einzelfall auch die gezielte Entziehung oder Umgehung von Arbeitnehmerrechten fallen kann.

Mitbestimmungsrecht

  • Die unternehmerische Mittbestimmung wird durch einen gesonderten Gesetzesentwurf reformiert.  Das Bundesarbeitsministerium hat hierzu den Entwurf eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG) vorgelegt zwecks ergänzender Umsetzung der mitbestimmungsrechtlichen Regelungen der Umwandlungsrichtlinie. Dieser Entwurf sieht ein einheitliches Mitbestimmungssystem für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Formwechsel und Spaltungen vor. So sollen z.B. bei jeder dieser grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen Verhandlungen über die Mitbestimmung in einer hervorgehenden Gesellschaft bereits erforderlich, wenn eine beteiligte Gesellschaft eine Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt, die mindestens vier Fünfteln des Schwellenwerts entspricht, der die Unternehmensmitbestimmung im Wegzugsmitgliedstaat auslöst ("Vier-Fünftel-Regelung"). Der Umsetzungsspielraum hinsichtlich der Wahl der auf Deutschland entfallenden Arbeitnehmervertreter im besonderen Verhandlungsgremium wird nach dem Vorbild des geltenden Rechts ausgefüllt. Um Verzögerungen und unnötige Kosten zu vermeiden, erfolgt die Wahl durch bestehende Gremien der Arbeitnehmervertretung. Den Besonderheiten der grenzüberschreitenden Spaltung wird durch eine Sitzgarantie der unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer Rechnung getragen. Bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung gilt ein strenger Bestandsschutz von Mitbestimmungsrechten. Nach dem Vorbild der SE-Gründung durch Umwandlung werden alle Komponenten der Mitbestimmung sowohl im Fall der Mitbestimmung kraft Vereinbarung, als auch im Fall der gesetzlichen Auffangregelung geschützt.

Änderungen des Spruchverfahrens

  • Der Referentenentwurf sieht auch eine Beschleunigung zukünftiger Spruchverfahren vor. Zu dem Zweck wird insbesondere die Pflicht anwaltlicher Vertretung eingeführt, das Abhilfeverfahren aufgehoben und die gesetzliche Feststellung der Zulässigkeit einer „mehrheitskonsensualen“ Schätzung abgeschafft.

Vereinheitlichung des grenzüberschreitenden Re-gistervollzugs durch Digitalisierung

  • In technischer Sicht soll auch der grenzüberschreitende Registervollzug EU-weit harmonisiert werden. So soll zukünftig die Vorabbescheinigung über das Europäische System der Registervernetzung („BRIS“) digital übermittelt werden. Während derzeit die Nachricht über die Eintragung der Umwandlung im Register als Vorabbescheinigung gilt (Fiktionslösung), soll das Registergericht künftig eine Bescheinigung ausstellen, die den Inhalt der Eintragung wiedergibt. Das notarielle Online-Verfahren nach den §§ 16a ff. BeurkG in der geplanten Fassung durch das DiREG werden die technische Umsetzung voraussichtlich ebenfalls zusätzlich in der Praxis erleichtern.

Konzernrecht

  • Daneben enthält die Umwandlungsrichtlinie Verfahrenserleichterungen für grenzüberschreitende Konzernverschmelzungen. 

Fazit

Brüssel hat die Weichen für eine weitere Harmonisierung der nationalen umwandlungsrechtlichen Bestimmungen gestellt. Nach Einführung der EU-Verschmelzungs-RiL (2005/56) ist die EU-Umwandlungs-RiL (2019/2121) der nächste große Wurf auf dem Weg zur Schaffung eines EU-weiten Umwandlungsrechts. Der UmRUG-RefE setzt in dem Zusammenhang in erster Linie die Vorgaben der vorgenannten Richtlinie um und schafft auf diese Weise für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel von Kapitalgesellschaften ein einheitliches EU-weites Verfahren.  Der vorgesehene digitale Austausch der beteiligten Handelsregister in den einzelnen EU-Staate dürfte grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen zukünftig ebenfalls vereinfachen. Hier wird ein Trend hin zur Digitalisierung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge vorgesetzt, der seit Ausbruch der Covid19-Pandemie in immer mehre Rechtsbereichen zu beobachten ist.

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