10.08.2016Fachbeitrag

Vergabe 737

Rügefrist beginnt mit Bewusstsein des Vergaberechtsverstoßes

Bieter müssen Vergaberechtsverstöße erst rügen, nachdem ihnen in rechtlicher Hinsicht bewusst wird, dass ein Vergaberechtsverstoß vorliegen kann (OLG Frankfurt a.M., 23.06.2016 – 11 Verg 4/16).

Rüge nach Angebotsabgabe

Die Antragstellerin rügte nach Angebotsabgabe unter anderem ein intransparentes Wertungssystem und stellte einen Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer hat den Antrag wegen verfristeter Rügen nach § 107 Abs. 3 GWB a.F. abgelehnt. Der behauptete Vergaberechtsverstoß hätte nach dem Erhalt der Angebotsunterlagen oder jedenfalls vor der Angebotsabgabe gerügt werden müssen.

Kenntnis der Rechtsprechung unzumutbar

Zu Unrecht, entschied das OLG Frankfurt. Der Bieter muss die Tatsachen erkennen können, die zum Verstoß gegen das Vergaberecht führen. Daneben muss das Bewusstsein des Bieters treten, dass ein Vergaberechtsverstoß vorliegen kann. Die Kenntnis der Rechtsprechung ist den Bietern nicht zuzumuten, weshalb die Rügefrist nicht mit dem Erhalt der intransparenten Vergabeunterlagen beginne.

Neues Vergaberecht

Die Entscheidung ist auf das neue Vergaberecht übertragbar, da sie sich mit der Frage auseinandersetzt, wann ein Vergaberechtsverstoß erkennbar ist. Auch § 160 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB n.F. stellen auf die Erkennbarkeit ab.

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