Vergabe 1335
Rügeobliegenheit hängt auch von Bieterinteressen ab
Eine Rügeobliegenheit besteht nur bei Verstößen gegen Vergabevorschriften, aus denen eine Verschlechterung der Zuschlagschance des Antragstellers resultieren kann (OLG Schleswig, 19.09.2022, 54 Verg 3/22).
Sachverhalt
Die Antragstellerin begehrte den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen. Deren Angebot sei nicht zuschlagsfähig, da es von der Leistungsbeschreibung abweiche. Sofern es der Leistungsbeschreibung entspreche, sei die Ausschreibung ihrerseits nicht ausschreibungs- bzw. vergabereif. Die Vergabereife fehle nämlich, wenn sich der Zuschlag – wie hier – nur bei wesentlicher Änderung der Spezifikation erteilen lasse.
Auffassung der Vergabekammer
Die Vergabekammer wies den Antrag zurück, da die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen bereits präkludiert, ihr Antrag somit unzulässig sei. Eine Präklusion liege vor, da die Antragstellerin frühzeitig eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Leistungsbeschreibung erkannt, diese aber nicht rechtzeitig gerügt habe. Hiergegen wendete sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
Einschränkung der Rügeobliegenheit
Mit Erfolg. Eine Präklusion ist sei im Zusammenhang mit der Antragsbefugnis zu beachten. Es wäre nicht sinnvoll, eine Rüge in Bezug auf Verfahrensfehler zu verlangen, aus denen sich für den Antragsteller keine Verletzung in eigenen Rechten ergibt, da die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags spätestens an der Antragsbefugnis scheitern würde. Daher bestehe eine Rügeobliegenheit nur hinsichtlich solcher Verstöße gegen Vergabevorschriften, aus denen eine Verschlechterung der Zuschlagschance resultiert.