17.12.2020Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Dezember 2020

Sicherheit in schwieriger Zeit: BGH stärkt Versicherungsschutz für Geschäftsführer in Krisenunternehmen

Am 18. November 2020 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) ausdrücklich klar, dass Haftungsansprüche für Zahlungen nach Insolvenzreife von der D&O-Versicherung gedeckt sind (Urteil vom 18. November 2020 – IV ZR 217/19). Damit erteilte der BGH der auf das OLG Düsseldorf zurückgehenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, welche einen Versicherungsschutz ablehnte, eine klare Absage. Dies schafft für Geschäftsführer gerade in der Zeit der COVID-19-Pandemie eine zu begrüßende Sicherheit.

Ausgangslage: Haftung des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife mit dem Privatvermögen

Gemäß § 64 GmbHG haftet der Geschäftsführer persönlich für Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Ausnahmen hiervon gibt es nur wenige. Die Geschäftsführer haften für diese Zahlungen mit ihrem gesamten Privatvermögen. Vergleichbare Vorschriften finden sich in §§ 92, 93 AktG, §§ 130a, 177a HGB und werden im Rahmen des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts über § 15b InsO-E vereinheitlicht.

D&O-Versicherung zum Schutz vor existenzbedrohender Haftung

Da diese persönliche Haftung für das betroffene Organ existenzbedrohende Wirkung haben kann, entwickelte sich in der Praxis ein Instrument zur Absicherung des Privatvermögens der Geschäftsführer: die Directors and Officers-Versicherung (D&O-Versicherung). Die D&O-Versicherung hat zwei Funktionen: Schutz des Privatvermögens des Organs und zugleich – aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Gläubiger – Schaffung einer liquiden Haftungsmasse.

Rechtsprechung des OLG Düsseldorf: Kein Versicherungsschutz unter den aktuellen Bedingungen der D&O-Versicherung

Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 20. Juli 2018 – 4 U 93/16) entschied jedoch, dass die Haftung gemäß § 64 GmbHG als „Ersatzanspruch eigener Art“ nicht von der D&O-Versicherung umfasst sei. Versicherungsunternehmen nehmen seitdem diese Rechtsprechung zum Anlass, die Deckung für Ansprüche aus Zahlung nach Insolvenzreife zu verweigern. Damit entstand in der Folgezeit für die Organe eine gefährliche Situation: Existenzbedrohende Haftungsrisiken, jedoch kein korrespondierender Versicherungsschutz.

Die Entscheidung des BGH: Die D&O-Versicherung deckt Ansprüche für Zahlung nach Insolvenzreife

Der BGH entschied in ausdrücklicher Abweichung von dieser Rechtsprechung jedoch zutreffend, dass der in § 64 GmbHG geregelte Anspruch von den marktüblichen Bedingungen der D&O-Versicherung gedeckt sei. Nur diese Auslegung der Versicherungsbedingungen entspräche dem Verständnis des durchschnittlichen Geschäftsführers, der seine Risiken absichern wolle.

Fazit

Die Probleme des Alltagsgeschäfts einer Geschäftsführung in der Krise sind mit der Rechtsprechung des BGH nicht gelöst. Es ist jedoch aus Sicht der Geschäftsführung eine willkommene Beruhigung, dass im Falle eines Fehlers, der sich unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie nicht immer vermeiden lassen wird, Versicherungsschutz für das Privatvermögen des Geschäftsführers über die D&O-Versicherung besteht.

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