BRX Update: State aid / Beihilferecht
Subventionierung der britischen Industrie nach dem Brexit
Nach dem Brexit und einer etwaigen Übergangsperiode, die bis zum 31. Dezember 2020 dauern soll, ist das Vereinigte Königreich nicht mehr an die EU-Beihilfevorschriften gebunden. Die britische Regierung könnte es für angemessen halten, ihre Industrie zu subventionieren, um die negativen Auswirkungen von Brexit zu mildern. Doch wie sieht das geltende Rechtssystem in einer solchen Situation aus?
Rechtsregime während der Umsetzungsphase
Während der Umsetzungsphase (voraussichtlich ab März 2019 bis Ende 2020) wird sich der Status quo nicht wesentlich ändern, da "das Vereinigte Königreich weiterhin die EU-Beihilfevorschriften anwenden wird und die EU-Kommission wie bisher für die Genehmigung und Überwachung von Beihilfen zuständig ist". Der Status quo und überwachende Stelle ändern sich also nicht innerhalb dieses Zeitraums.
Rechtsregime und Verteidigungsinstrumente für die EU-Industrie im Falle eines “harten” Brexit
Wenn das "harte Brexit"-Szenario eintritt (d.h. Großbritannien verlässt die EU, ohne ein Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen zu haben), ist das Vereinigte Königreich an die WTO-Regeln für Subventionen gebunden. Da das Vereinigte Königreich nicht mehr der EU angehören wird, wird es wie ein Drittland behandelt, und daher könnten seine Ausfuhren in die EU Gegenstand von Antisubventionsuntersuchungen und Ausgleichsmaßnahmen sein, falls die Untersuchung ergeben sollte, dass der britischen Industrie ungerechtfertigte Vorteile zulasten der europäischen Industrie gewährt wurden. Natürlich muss jede Antisubventionsuntersuchung unter Berücksichtigung der Tatsache durchgeführt werden, dass sie letztendlich nach den WTO-Anti-Subventionsregeln geprüft werden könnte. Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass Subventionen, die die britische Regierung ihrer Industrie gewähren könnte, nur dann von der EU-Kommission geprüft werden, wenn diese Waren den Binnenmarkt erreichen. Die EU-Industrie könnte sich auch in solchen Szenarien des WTO-Streitbeilegungsmechanismus bedienen. Man sollte jedoch bedenken, dass jedes EU-Unternehmen, das sich durch die von der britischen Regierung gewährten Subventionen betroffen sieht, die EU davon überzeugen muss, ein Streitbeilegungsverfahren einzuleiten. Die EU neigt jedoch nicht dazu, Streitbeilegungsverfahren einzuleiten und sucht in der Regel nach anderen Wegen, um eine Lösung wie z.B. informelle Verhandlungen, die sehr langwierig sein können.
Rechtsregime und Verteidigungsinstrumente für die EU-Industrie im Falle eines “weichen” Brexit
Vor kurzem hat die britische Regierung ihre Absicht bekannt gegeben, eine nationales Beihilferegime einzuführen, das von der britischen Wettbewerbsbehörde, der Competition and Markets Authority (CMA), überwacht werden soll. Was den Inhalt betrifft, so werden die geplanten Beihilfevorschriften des Vereinigten Königreichs den Bestimmungen der EU entsprechen, da laut Regierungsquellen "die EU-Beihilfevorschriften im Rahmen des EU-Austrittsgesetzes umgesetzt werden". Es ist noch ein weiter Weg, da die Funktionsprinzipien des britischen Beihilferegimes in die Austrittsbedingungen aufgenommen werden müssen. Die Verhandlungen werden wahrscheinlich zwei Hürden gegenübersehen: Dem Kampf um Souveränität und/oder Kompetenzverteilung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich und die Frage der Kompetenzverteilung innerhalb Großbritanniens. Daher wird es für das Vereinigte Königreich schwierig sein, das neu geschaffene britische Beihilfesystem von den EU-Vorschriften und ihrer künftigen Auslegung nach der Umsetzungsperiode abhängig zu machen. Darüber hinaus wird es ein Kompetenz- und Hierarchieproblem zwischen der britischen Regierung und der CMA geben, da diese eine unabhängige Einrichtung sein soll, die die Regierung anweist, keine öffentlichen Gelder zu verschwenden oder Steuervergünstigungen zu gewähren.
Subventionen für die britische Automobilindustrie nach dem Brexit?
Dieses Thema ist von größter Bedeutung aufgrund von Gerüchten, dass die britischen Automobilhersteller nach dem Verlassen der EU Subventionen erhalten sollen, um etwaige Zölle, die die Automobilhersteller wegen des Austritts aus der EU ohne gleichzeitigen Abschluss eines Freihandelsabkommen zahlen muss, auszugleichen.