03.04.2014Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht Oktober 2014

Syndikusanwälte – viele Fragen bleiben offen

BSG, 3.4.2014, B 5 RE 3/14 R u. a.

Ende August 2014 hat das Bundessozialgericht (BSG) die lang erwarteten Begründungen zu seinen drei Urteilen vom 3. April 2014 über die Befreiung von Syndikusanwälten von der Rentenversicherungspflicht vorgelegt. Die erhoffte Klarheit bleibt für viele Fälle aus.

Das BSG hat in drei Grundsatzurteilen vom 3. April 2014 festgestellt, dass Syndikusanwälte für ihren Arbeitgeber abhängig beschäftigt tätig und deshalb in allen Zweigen der Sozialversicherung zwangsversichert sind. Insbesondere scheide eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit als Syndikus zu Gunsten der Mitgliedschaft im anwaltlichen Versorgungswerk aus (vgl. hierzu Newsletter Juli 2014). Der Syndikusanwalt sei Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus sei, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigte. Beide Tätigkeiten seien grundsätzlich getrennt zu betrachten (sog. „Doppelberufstheorie“).

Von den mit Spannung erwarteten Urteilsgründen hat man sich Aufklärung erhofft, insbesondere über die Reichweite der Bestandskraft der Syndikusanwälten erteilten Befreiungsbescheide und zum Umfang des gebotenen Vertrauensschutzes. Wichtige Fragen bleiben jedoch weiterhin ungeklärt. Eindeutig sind nur folgende zwei Fälle:

Bislang kein Befreiungsbescheid

Am 3. April 2014 noch offene und später eingegangene Anträge über die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für eine Tätigkeit als Syndikusanwalt werden unter Verweis auf gefestigte verfassungsrechtliche und berufsrechtliche Rechtsprechung zum Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) mit knappen Standardformulierungen – ohne Einzelfallprüfung – abgelehnt. Wer als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Angestelltenverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stehe (Syndikus), werde in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig. Das BSG lehnt einen Vertrauensschutz auf die „vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis“ der DRV Bund mit ihrer 4-Kriterien-Theorie („rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend“) ausdrücklich ab.

Befreiungsbescheid liegt vor – dieselbe Beschäftigung?

Demgegenüber können Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung – so das BSG – auf deren Fortbestand vertrauen, solange sie noch immer dieselbe Beschäftigung ausüben, für die sie befreit worden sind. Es kommt daher maßgeblich auf den Wortlaut des jeweiligen Befreiungsbescheids an. Denn die DRV Bund (bzw. deren Vorläuferinstitution Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – BfA) hat über die Jahre sehr unterschiedliche Formulierungen in den Befreiungsbescheiden gewählt. Teilweise erfolgte eine Befreiung (nur) personenbezogen, teilweise tätigkeitsbezogen, aber ohne Einschränkung auf einen bestimmten Arbeitgeber. Erst seit etwa dem Jahr 2006 werden Befreiungen für einen bestimmten Arbeitgeber und eine konkrete Tätigkeit erteilt. Je nach „Befreiungsbescheid-Generation“ kann es daher zu Unterscheidungen im Einzelfall kommen.

Sonstige Umstände, die Vertrauensschutz begründen könnten

Daneben sind eine Vielzahl weiterer Fallgestaltungen denkbar, die auf sonstige Art und Weise einen individuellen Vertrauensschutz bewirken können. Wer zum Beispiel anlässlich eines Arbeitgeberwechsels die schriftliche (oder telefonische) Auskunft der DRV Bund erhielt, dass eine erneute Antragstellung nicht erforderlich sei, sollte Vertrauensschutz genießen.

Handlungsbedarf für Unternehmen?

Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Syndikusanwalt einen Anspruch auf Auskunft, ob ein Befreiungsbescheid vorliegt und auf Vorlage desselben. Diesen hat der Arbeitgeber zu den Entgeltunterlagen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Beitragsverfahrensordnung – BVV) zu nehmen und auf Verlangen den Prüfdiensten der DRV Bund bei der Betriebsprüfung vorzulegen. Kann ein Befreiungsbescheid vorgelegt werden, muss dieser auf seine Reichweite hin geprüft werden. Kann kein Befreiungsbescheid vorgelegt werden, muss der Arbeitgeber den Syndikusanwalt zur DRV Bund anmelden und die Rentenversicherungsbeiträge dorthin entrichten. Denn anderenfalls könnte sich der Arbeitgeber selbst wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB) strafbar machen.

Fazit

Die Entscheidung, ob Syndikusanwälte künftig von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden können, ist dem Gesetzgeber vorbehalten. Hierfür wäre eine Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) erforderlich. Syndikusanwälte ohne Befreiungsbescheid sind unverzüglich zur DRV Bund anzumelden. Liegt ein Befreiungsbescheid vor, muss dieser geprüft werden, ob er die derzeitige Tätigkeit noch abdeckt oder ob aufgrund der Umstände im konkreten Einzelfall Vertrauensschutz bestehen könnte.

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