09.12.2015Fachbeitrag

zuerst erschienen im Behörden Spiegel am 9.12.2015

Wettlauf gegen die Kälte

Flüchtlingsunterkünfte schnell und rechtssicher beschaffen

Seit Anfang des Jahres sind über 700.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Ein Ende des Flüchtlingsstroms ist nicht absehbar. Der Wintereinbruch verschärft das Problem für die Kommunen massiv. Sie tragen Sorge dafür, dass Asylbewerber sicher und menschenwürdig untergebracht sind. Ein rasches und effizientes Handeln der öffentlichen Hand ist erforderlich. Doch auch in dieser Notsituation darf das Vergaberecht nicht außer Acht gelassen werden.

Miet- und Kaufverträge dürfen Kommunen ohne vorheriges Vergabeverfahren abschließen. Sie unterliegen grundsätzlich nicht dem Vergaberecht. Doch in vielen Kommunen fehlt es an der notwendigen Anzahl geeigneter Immobilien. In diesem Fall müssen neue Asylbewerberunterkünfte gebaut werden. Bauaufträge sind regelmäßig ausschreibungspflichtig, oberhalb eines Auftragswerts von 5,186 Mio. Euro sogar europaweit.

Das Vergaberecht bietet den Kommunen allerdings ausreichend Spielräume, um eine schnelle und effiziente Vergabe von Bauaufträgen zu ermöglichen. Mehrere Bundesländer, der Bund und die EU-Kommis-sion haben Erlasse und Handreichungen hierzu veröffentlicht. Diese erläutern, unter welchen Umständen die Kommunen auf vereinfachte und verkürzte Vergabeverfahren zurückgreifen dürfen. Auch in dringlichen Fällen darf demnach nur ausnahmsweise auf ein Vergabeverfahren verzichtet und der Auftrag direkt vergeben werden. Die Rechtsprechung setzt hohe Anforderungen an diese Ausnahmetatbestände. Die Kommunen sollten die Möglichkeiten, die ihnen das Vergaberecht bietet, genau prüfen. Mithilfe verkürzter Fristen und vereinfachter Verfahren können Bauaufträge im Regelfall schneller vergeben werden, als andere notwendige Verwaltungsabläufe, z. B. die Baugenehmigung, abgeschlossen sind. Sollte im Ausnahmefall eine Direktvergabe notwendig und zulässig sein, muss diese Ausnahme umfassend dokumentiert werden.

A und O: Planung

Um Bauverfahren zu beschleunigen, können die Kommunen den Bau der neuen Asylbewerberunterkunft auch über Inhouse-Aufträge an eine städtische Baugesellschaft delegieren. Städtische Gesellschaften in privater Rechtsform sind unterhalb der europäischen Schwellenwerte nicht an das Vergaberecht gebunden. Kleinere Bauvorhaben können auf diese Weise schneller umgesetzt werden.

Wichtigste Voraussetzung für ein rechtssicheres Vergabeverfahren ist eine vorausschauende, transparente und strukturierte Planung des Vergabeverfahrens. Nur so können langwierige Nachprüfungsverfahren verhindert werden, die einer schnellen Auftragsvergabe entgegenstünden.

Die momentane Notsituation erfordert von den Kommunen ohne Frage große Kraftanstrengungen. Das Vergaberecht bietet ihnen die Voraussetzungen, um diesen Kraftakt nicht nur effizient, sondern auch rechtssicher zu bewältigen. Schöpfen die Kommunen diese Möglichkeiten aus, können sie die Unterbringung der Flüchtlinge trotz des Zeitdrucks wirtschaftlich und unter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben gewährleisten.

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