Update Arbeitsrecht Mai 2023
Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Kündigung der Leiterin der Hauptabteilung Intendanz beim RBB
ArbG Berlin, Urteil vom 28.04.2023, 21 Ca 10927/22
Mit Urteil vom 28. April 2023 hat das Arbeitsgericht Berlin die Kündigungsschutzklage der Leiterin der Hauptabteilung Intendanz beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) abgewiesen. Es hält die außerordentliche Kündigung für wirksam, da der beklagten Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Befristung am 31. Juli 2025 nicht zuzumuten sei.
Die vollständigen Entscheidungsgründe des Gerichts liegen derzeit noch nicht vor.
Sachverhalt
Die Klägerin war seit mehr als 25 Jahren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig. Ihr derzeitiges Arbeitsverhältnis als Leiterin der Hauptabteilung Intendanz beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) war bis zum 31. Juli 2025 befristet.
Hintergrund der außerordentlichen Kündigung war, dass die klagende Arbeitnehmerin das im Unternehmen der Beklagten geltende Schriftformerfordernis als Voraussetzung für die Rechnungsfreigabe und für die Erweiterung von Beratungsverträgen nicht beachtet hatte. Innerhalb des Unternehmens der Beklagten waren die Anforderungen an das Verfahren sowie die für Beraterverträge geltende Schriftform jedoch klar und eindeutig geregelt.
Die Klägerin berief sich demgegenüber auf das Argument, bei dem geforderten schriftlichen Abschluss von Beraterverträgen handele es sich um eine „bloße Formsache“ und eine außerordentliche Kündigung könne nicht wirksam auf die Nichtbeachtung der Formvorgaben gestützt werden.
Nach Bekanntwerden der Verdachtsmomente hatte der RBB die klagende Arbeitnehmerin zunächst freigestellt und weitere Ermittlungen eingeleitet. Sodann hat der RBB die außerordentliche, fristlose Kündigung ausgesprochen.
Entscheidungsgründe
Das Arbeitsgericht Berlin hielt die ohne vorherige Abmahnung ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Klägerin wegen Nichtbeachtung des für Beraterverträge geltenden Schriftformerfordernisses für rechtmäßig.
Die Klägerin könne mit ihrem Argument, dies sei „bloße Formsache“, nicht gehört werden. Vielmehr könne im Falle einer Nichtbeachtung der internen Formvorschriften keinerlei Rechenschaft über die Verwendung der Gebührengelder abgelegt werden. Mit dem Verhalten der Klägerin gehe daher eine erhebliche Gefährdung der Vermögensinteressen der beklagten Arbeitgeberin einher.
Das Arbeitsgericht Berlin hielt auch eine vorherige Abmahnung für entbehrlich. Denn die innerhalb des Unternehmens der Beklagten geltenden Regelungen hinsichtlich der Formvorgaben für Beraterverträge seien hinreichend klar formuliert. Ferner habe die Klägerin als Leiterin der Hauptabteilung Intendanz im Unternehmen der Beklagten eine herausgehobene Stellung mit entsprechender Verfügungsbefugnis und erheblicher Verantwortung eingenommen. Aus diesem Grund hält das Arbeitsgericht Berlin das Vorgehen der Beklagten, nach Bekanntwerden des Verdachts der Missachtung der Formvorgaben für Beraterverträge durch die Klägerin zügig Ermittlungen einzuleiten und innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB die außerordentliche Kündigung zu erklären, für rechtlich nicht zu beanstanden.
Die außerordentliche Kündigung könne auch nicht in eine wirksame ordentliche Kündigung, welche ein milderes Mittel für die Klägerin dargestellt hätte, umgedeutet werden. Dazu fehle es bereits an der notwendigen Beteiligung des Personalrates der Beklagten.
Fazit
Das Arbeitsgericht Berlin positioniert sich mit der vorliegenden Entscheidung ungewohnt arbeitgeberfreundlich.
Gleichwohl ist die Entscheidung zu begrüßen, da die Klägerin die im Unternehmen der Beklagten geltenden Formvorgaben für den Abschluss von Beraterverträgen bewusst und vorsätzlich missachtet hatte, was nicht zuletzt anhand des von ihr vorgebrachten Arguments, es handele sich dabei um eine „bloße Formsache“, zum Ausdruck gebracht wird. Die Folge ihres Verhaltens war, dass über die Verwendung der Gebührengelder der Beklagten keine lückenlose Rechenschaft mehr abgelegt werden konnte, was für die Beklagte eine erhebliche Vermögensgefährdung begründete. Das Verhalten der Klägerin ist daher als besonders schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten zu bewerten, mit der Folge, dass das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung nicht besteht und der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Befristung - welche zudem erst mehr als zwei Jahre später eintritt - nicht zugemutet werden kann.
Damit stützt das Gericht die Auffassung des RBB, wonach durch das Verhalten der Klägerin „nicht nur moralische, sondern auch rechtliche Grenzen überschritten“ worden seien und die vorliegende Entscheidung einen weiteren Schritt auf dem Weg der „kontinuierlichen Aufarbeitung von Fehlverhalten unter der ehemaligen Geschäftsleitung“ darstelle.
Die Veröffentlichung der vollständigen Entscheidungsgründe bleibt mit Spannung abzuwarten.