Update Investmentfonds Nr. 28
KAGB: Anwendung der ESMA-Leitlinien für Marketing-Anzeigen verkündet
Am 27. September 2021 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend „BaFin“) verkündet, die „Leitlinien zu Marketing-Anzeigen gemäß der Verordnung über den grenzüberschreitenden Vertrieb von Fonds“ (nachfolgend „Leitlinien für Marketing-Anzeigen“) der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (nachfolgend „ESMA“) anzuwenden.
Hintergrund und Anwendungsbereich
Gemäß Artikel 4 Abs. 6 der Verordnung über den grenzüberschreitenden Vertrieb von Fonds (Verordnung (EU) 2019/1156) hatte die ESMA die Leitlinien für Marketing-Anzeigen erlassen, welche den Besonderheiten von Online-Veröffentlichungen solcher Marketing-Anzeigen Rechnung tragen und zur europäischen Rechtsvereinheitlichung beitragen sollen. Diesbezüglich mussten die national zuständigen Behörden der ESMA innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung der Leitlinien für Marketing-Anzeigen am 02. August 2021 mitteilen, ob sie diese befolgen werden, was seitens der BaFin nun erfolgt ist.
Die Leitlinien für Marketing-Anzeigen gelten europaweit insbesondere für alle OGAW- und AIF- Verwaltungsgesellschaften. Die Leitlinien sollen bei allen Marketing-Anzeigen angewendet werden, die an potenzielle Anleger von OGAW und AIF gerichtet sind. Hierbei können Marketing-Anzeigen auch Mitteilungen sein, die auf Social-Media-Plattformen verbreitet werden, wenn sich diese Mitteilungen auf die Eigenschaften eines OGAW oder eines AIF beziehen.
Ausgewählte Anforderungen an Marketing-Anzeigen
Die Leitlinien für Marketing-Anzeigen stellen umfangreiche inhaltliche Anforderungen an deren Ausgestaltung auf, von denen ausgewählte Aspekte nachfolgend beschrieben werden.
Kenntlichmachung und Haftungsausschluss
Nach den Leitlinien für Marketing-Anzeigen ist es notwendig, dass Marketing-Anzeigen unmittelbar als solche identifiziert werden können. Zu diesem Zweck wird eine Kennzeichnung der jeweiligen Mitteilung in Form eines auffälligen Hinweises mit einem Begriff wie „Marketing-Anzeige“ als ausreichend erachtet.
Zusätzlich muss die Marketing-Anzeige grundsätzlich einen eindeutig erkennbaren Haftungsausschluss enthalten, der von einem Investment ohne Lektüre des Verkaufsprospektes abrät. Sollte dieser Haftungsausschluss jedoch nicht zum Format und zur Länge einer Online-Marketing-Anzeige passen, kann er durch eine kürzere Kenntlichmachung des Marketingzwecks der Anzeige ersetzt werden, beispielsweise mit der Angabe "#Marketing-Anzeige" auf Social-Media-Plattformen. Im Fall einer Videopräsentation sollte der Haftungsausschluss in das Video eingebettet sein, wobei eine Anzeige des Haftungsausschlusses lediglich am Ende des Videos als nicht ausreichend angesehen wird.
Beschreibung von Risiken und Chancen
Enthält eine Marketing-Anzeige Informationen über Risiken und Chancen, sind bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Insbesondere dürfen Marketing-Anzeigen nicht auf die Chancen eines Investmentvermögens hinweisen, ohne gleichzeitig dessen Risiken zu nennen. Die Darstellung der Risiken darf hierbei nicht in einer Fußnote oder mit kleiner Schriftgröße erfolgen. Ferner darf im Hinblick auf die Beschreibung der Risiken nicht lediglich auf ein anderes Dokument, wie beispielsweise den Verkaufsprospekt, verwiesen werden.
Sowohl die Risiken als auch die Chancen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis entweder an gleicher Stelle oder unmittelbar nacheinander genannt werden. Die ESMA empfiehlt in diesem Zusammenhang, die Darstellung von Risiken und Chancen in Form einer zweispaltigen Tabelle oder zusammengefasst in einer Liste, in der Risiken und Chancen auf einer einzigen Seite deutlich gegenübergestellt werden, vorzunehmen.
Kostendarstellung
Wenn auf die Kosten verwiesen wird, die mit dem Kauf, dem Halten, dem Umtausch oder dem Verkauf von Anteilen oder Aktien an Investmentvermögen verbunden sind, müssen die Marketing-Anzeigen eine Erläuterung enthalten, die es den Anlegern ermöglicht, die Gesamtauswirkungen der Kosten auf den Betrag ihrer Kapitalanlage und auf die erwarteten Erträge zu verstehen. Fallen Teile der Gesamtkosten in einer Fremdwährung an, muss dies in der Marketing-Anzeige deutlich angegeben werden, zusammen mit einem Warnhinweis, dass die Kosten aufgrund von Währungs- und Wechselkursschwankungen steigen oder sinken können.
Darstellung einer erwarteten zukünftigen Wertentwicklung
Werden in einer Marketing-Anzeige Aussagen zu einer erwarteten zukünftigen Wertentwicklung getätigt, gelten besondere Anforderungen an die entsprechende Darstellung. Die erwartete zukünftige Wertentwicklung muss hierbei für einen Zeithorizont offengelegt werden, der mit dem empfohlenen Anlagehorizont des Investmentvermögens übereinstimmt. Ferner müssen die Marketing-Anzeigen im Falle der Darstellung einer zukünftigen Wertentwicklung mindestens einen Haftungsausschluss dahingehend enthalten, dass die zukünftige Wertentwicklung der Besteuerung unterliegt, die von der persönlichen Situation des jeweiligen Anlegers abhängig ist und sich in der Zukunft ändern kann.
Informationen über nachhaltigkeitsrelevante Aspekte
Wird in einer Marketing-Anzeige auf die nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte eines Investmentvermögens hingewiesen, muss grundsätzlich ein Link zu der Webseite, auf der die Informationen über die nachhaltigkeitsrelevanten Aspekte gemäß der Verordnung (EU) 2019/2088 (sog. Offenlegungsverordnung) in Bezug auf das beworbene Investmentvermögen bereitgestellt werden, aufgenommen werden. Marketing-Anzeigen müssen ferner in einem solchen Fall darauf hinweisen, dass bei der Entscheidung, in das beworbene Investmentvermögen zu investieren, alle Eigenschaften oder Ziele des beworbenen Investmentvermögens berücksichtigt werden sollten, wie sie insbesondere in dem Verkaufsprospekt enthalten sind.
Fazit
Die Leitlinien für Marketing-Anzeigen finden ab dem 2. Februar 2022 Anwendung und sind spätestens ab diesem Zeitpunkt von den Marktteilnehmern bei der Erstellung und Verwendung von Marketing-Anzeigen zu beachten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Leitlinien für Marketing-Anzeigen nicht beabsichtigen, bestehende nationale Anforderungen an Marketing-Anzeigen zu ersetzen. Daher sind insbesondere die Vorgaben des § 302 KAGB für Werbung im Anwendungsbereich des KAGB weiterhin zu beachten. Im Ergebnis ergibt sich daher für Marketing-Anzeigen für Investmentvermögen eine Regulierung, die mit den umfangreichen Vorgaben der für Wertpapierdienstleistungsunternehmen geltenden „Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und weitere Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten“ (sog. „MaComp“) durchaus vergleichbar ist.