Update Investmentfonds Nr. 3
OLG München stärkt die Stellung der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft und deren Organe
"Eine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft kann eine geschlossene Investmentfondsgesellschaft (...) in der Rechtsform der GmbH & Co. KG nicht gesetzlich (...) vertreten."
Das Verhältnis zwischen einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft, deren Organen und einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft ist bisher ungeklärt. Das OLG München führt nunmehr eingehend aus, dass das KAGB nicht grundsätzlich die handelsrechtlichen Vorschriften überlagert und insbesondere nicht zu einer Änderung der organschaftlichen Struktur der geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft führt. Dem aufsichtsrechtlichen Ansatz, dass einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft generell kraft Gesetzes weitgehende Vertretungs- und Verfügungsbefugnisse zustehen, wird damit eine Absage erteilt.
Das Urteil des OLG München befasst sich mit der organschaftlichen Vertretung einer geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft (nachfolgend „Investmentgesellschaft“) durch deren externe Kapitalverwaltungsgesellschaft (nachfolgend „Kapitalverwaltungsgesellschaft“). Das Gericht verneint eine solche organschaftliche Vertretung, da die Kapitalverwaltungsgesellschaft – anders als die Komplementärin – nicht kraft Gesetzes Vertreter einer Investmentgesellschaft sei. Wörtlich führt es aus:
„Eine organschaftliche Vertretungsmacht der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft folgt (…) nicht aus den Vorschriften des KAGB, auch nicht unter der Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte und der Gesetzgebungsbegründung sowie der Ausführungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.“
Diese Kernaussage begründet das OLG München zunächst mit der Auslegung des § 154 KAGB und kommt zu dem Ergebnis, dass keine der in dieser Vorschrift enthaltenen Aussagen zu einer Verdrängung der Stellung der Komplementärin als gesetzliche Vertreterin der Investmentgesellschaft führe. So spreche § 154 Abs. 1 Satz 1 KAGB zwar von „Bestellung“ der Kapitalverwaltungsgesellschaft, was grundsätzlich auf eine organschaftliche Bestellung hindeuten könne. Gemeint sei damit allerdings lediglich der Abschluss des Fremdverwaltungsvertrages. Auch § 154 Abs. 1 Satz 2 HGB bestimme nur, dass der Kapitalverwaltungsgesellschaft die „Anlage und Verwaltung des Kommanditanlagevermögens“ obliege; von einer Vertretungsbefugnis sei hingegen gerade nicht die Rede. Auch die Vorschrift des § 154 Abs. 2 Nr. 1 KAGB, in der von dem „Verfügungsrecht über das Gesellschaftsvermögen“ die Rede ist, könne keine gesetzliche Vertretungsbefugnis der Kapitalverwaltungsgesellschaft begründen. Ein Verfügungsrecht sei rechtlich betrachtet eben keine Vertretungsbefugnis.
Die Gesetzgebungshistorie samt Gesetzesbegründung zu § 154 KAGB und deren Vorgängernorm (§ 96 Abs. 4 InvG) führe ebenfalls zu keiner anderen Auslegung. Im Gegenteil: In der Gesetzesbegründung zu § 96 Abs. 4 InvG heißt es, dass die Fremdverwaltung durch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft die Organisationsstruktur der Investment(aktien)gesellschaft unberührt lässt, insbesondere übernimmt die Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht deren Vertretung.
Bemerkenswert ist, dass sich das OLG München auch mit der Verwaltungsauffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend „BaFin“) auseinandersetzt. Die BaFin ist der sehr weitreichenden Ansicht, dass eine Investmentgesellschaft keine Tätigkeiten – mit Ausnahme der per Gesetz vorgesehenen Aufgaben – wahrnehme; die kollektive Verwaltung obliege ausschließlich der Kapitalverwaltungsgesellschaft (vgl. „Häufige Fragen zum Thema Auslagerung gemäß § 36 KAGB“ der BaFin vom 12.05.214). Das OLG München nutzt die von der BaFin gelassene „Lücke“ der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben der Investmentgesellschaft und deren Organe: Da es sich bei der gesetzlichen Vertretungsbefugnis der Komplementärin um eine durch Gesetz zugewiesene Aufgabe handele, verbleibe diese bei der Komplementärin.
Abschließend geht das Gericht auf § 93 Abs. 1 KAGB ein, wonach für Sondervermögen eine Verfügungsbefugnis kraft Gesetzes besteht. Diese Vorschrift könne nicht herangezogen werden, da die §§ 149 ff. KAGB abschließend und ausschließlich die allgemeinen Rechte und Pflichten von Investmentgesellschaften regelten.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil des OLG München ist sehr zu begrüßen. Die Urteilsbegründung stärkt die Stellung der Investmentgesellschaft und deren Organen – insbesondere auch die der Geschäftsführung der Investmentgesellschaft. So stützt das OLG München sein Urteil auf die Gesetzesbegründung zu § 96 Abs. 4 KAGB und die dogmatisch richtige Auffassung der Literatur, wonach auch im Falle der Beauftragung einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft die allgemeinen Rechte und Pflichten der Organe der Investmentgesellschaft unberührt bleiben (vgl. BT-Drs 16/5576, S. 85 sowie Könnecke in Baur/Tappen, Kommentar zu den Investmentgesetzen, 3. Auflage 2015, § 154, Rn. 19). Dem aufsichtsrechtlichen Ansatz, dass einer Kapitalverwaltungsgesellschaft kraft Gesetzes weitgehende Vertretungs- und Verfügungsbefugnisse zustehen, wird damit eine Absage erteilt. Die Vertretungsmacht – und u.E. damit auch die Geschäftsführungsbefugnis der Investmentgesellschaft – verbleibt gemäß den handelsrechtlichen Vorschriften grundsätzlich bei der Komplementärin bzw. entsprechend der Regelungen des Gesellschaftsvertrages bei der geschäftsführenden Kommanditistin. Die Rechte und Pflichten der Kapitalverwaltungsgesellschaft sind deshalb zwischen den Parteien im Fremdverwaltungs- und Gesellschaftsvertrag zu regeln. Diejenigen Geschäftsführungsaufgaben, die zur Verwaltung der Investmentgesellschaft erforderlich sind – vgl. insbesondere die in dem Anhang I zur sog. AIFM-Richtlinie (Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds) genannten Aufgaben –, sind in diesen Verträgen der Kapitalverwaltungsgesellschaft zu übertragen. Zur Durchführung dieser Geschäfte kann der Kapitalverwaltungsgesellschaft Vertretungsmacht eingeräumt werden – wobei dies nicht zwingend erforderlich ist. Denkbar ist auch – gleichwohl unpraktisch –, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft die Investmentgesellschaft verwaltet, dennoch aber die Komplementärin die Verträge unterschreibt.
Die rechtsgeschäftliche Übertragung der Geschäftsführungsaufgaben und der Vertretungsmacht hat auch im Übrigen praktische Vorteile. Sofern die Kapitalverwaltungsgesellschaft im Ausland für die Investmentgesellschaft auftritt, kann sie eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht – welche im Ausland verbreitet und bekannt ist – nachweisen. Schwierig wäre es, sich im Ausland auf eine nicht eindeutig in dem KAGB geregelte gesetzliche Vertretungsmacht zu berufen (wobei eine Vollmachtserteilung zusätzlich zur gesetzlichen Vertretungsmacht sicherlich denkbar wäre). Zudem dürfte nunmehr an der Möglichkeit der gewerblichen Entprägung einer Investmentgesellschaft durch Ernennung einer geschäftsführenden Kommanditistin trotz Beauftragung einer Kapitalverwaltungsgesellschaft kein Zweifel mehr bestehen.