Update Immobilien & Bau 3/2024
Quotenabgeltungsklausel kann individualvertraglich wirksam vereinbart werden!
In den letzten Jahren war es um den einstigen Dauerbrenner der Schönheitsreparaturklauseln ruhig geworden. Dann bekam der Bundesgerichtshof im Januar 2024 Gelegenheit, sich mit einer Kombination von Quotenabgeltungsklausel und Vornahmeverpflichtung auseinanderzusetzen und entschied (BGH, Beschl. v. 30.01.2024 – VIII ZB 43/23), dass eine unwirksame Quotenabgeltungsklausel nicht automatisch zur Unwirksamkeit der gesamten Schönheitsreparaturklausel führt (siehe Update Immobilien & Bau 02/2024).
Nun folgte direkt die nächste höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Themenkomplex (BGH, Urt. v. 06.03.2024 – VIII ZR 79/22): Eine formularvertragliche Quotenabgeltungsklausel benachteilige einen Wohnraummieter laut dem BGH zwar unangemessen nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und sei daher unwirksam; eine individualvertragliche Vereinbarung über eine Quotenabgeltung bleibe aber grundsätzlich möglich.
Sachverhalt
Die Mieter traten durch eine gesonderte Vereinbarung in ein Bestandsmietverhältnis mit der Vermieterin ein. Bereits im ursprünglichen Mietverhältnis war eine Klausel enthalten, wonach der Mieter verpflichtet ist, anteilige Kosten für die Schönheitsreparaturen zu zahlen, die dem jeweiligen Grad der Abnutzung entsprechen.
In der Übernahmevereinbarung erklärten die Kläger, dass sie anstelle des ursprünglichen Mieters in den Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten eintreten. Die Klausel der Übernahmevereinbarung enthielt auch einen Absatz, wonach zwischen dem Vormieter und der Vermieterin bei Vertragsschluss individuell vereinbart worden sei, dass der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen und auch anteilige Schönheitsreparaturkosten trägt, soweit Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht fällig sind. Als Alternative wurde die Zahlung einer um EUR 80,00 erhöhten Miete angeboten, wobei die Schönheitsreparaturlast in diesem Fall bei der Vermieterin verbliebe. Die Mieter entschieden sich zur Zahlung der reduzierten Miete unter Übernahme der Schönheitsreparaturverpflichtung nebst Quotenabgeltungsklausel.
Bei Beendigung des Mietverhältnisses rechnete die Vermieterin über die von den Klägern geleistete Kaution ab und erklärte bezogen auf einen Teilbetrag mit anteiligen Schönheitsreparaturkosten die Aufrechnung.
Die Mieter vertreten die Auffassung, nicht zur Zahlung anteiliger Schönheitsreparaturkosten verpflichtet zu sein und klagten auf Zahlung des restlichen Kautionsbetrages. Die zugrunde liegende Vereinbarung über die Quotenabgeltung sei unwirksam. Während die Kläger erstinstanzlich unterlagen, wurde das Urteil in der Berufung durch das Landgericht abgeändert und die Vermieterin zur Zahlung des verbleibenden Kautionsbetrags verurteilt.
Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte Erfolg. Einen Anspruch der Vermieterin auf Zahlung der anteiligen Schönheitsreparaturkosten konnte der BGH nicht ablehnen.
Zwar sei eine Quotenabgeltungsklausel in ständiger Rechtsprechung dann unwirksam, wenn es sich bei dieser Vereinbarung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele. Denn diese benachteilige den Mieter unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, da sie von ihm verlange, zur Ermittlung der auf ihn bei Beendigung des Mietvertrages zukommenden Kostenbelastung mehrere hypothetische Betrachtungen anzustellen und so keine verlässliche Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung zulasse. Eine wirksame individualvertragliche Vereinbarung über eine Quotenabgeltungsklausel sei aber möglich.
Eine von dem Berufungsgericht angenommene Unwirksamkeit folge insbesondere nicht aus § 556 Abs. 4 BGB, wonach bei der Vereinbarung von Betriebskosten eine von § 556 Abs. 1 BGB zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam sei. Denn es handele sich nicht um die Übernahme von Betriebskosten, sondern um eine Abweichung der gesetzlichen Grundregel in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach die Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen grundsätzlich der Vermieterin obliege. Die Regelung des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB sei dispositiv und könne daher grundsätzlich – insoweit allerdings in den engen Grenzen der §§ 305 ff. BGB – im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen als auch individualvertraglich auf den Mieter übertragen werden.
Bedeutung für die Praxis
Im Rahmen von Wohnraummietverhältnissen dürfte eine individualvertragliche Vereinbarung die Ausnahme bleiben, da bereits die dreimalige Verwendungsabsicht – es kommt also nicht einmal auf die konkrete Verwendung an – ausreicht, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung anzunehmen. Der BGH stellt in seinem Urteil vorsorglich klar, dass für die Annahme einer Individualvereinbarung erforderlich ist, dass der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt. Allein die Eröffnung von Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren vorformulierten Regelungen genügt für die Annahme einer Individualvereinbarung nicht.
Das Urteil macht deutlich, dass bei der Verhandlung von Mietverträgen nicht nur die Gestaltung von Regelungen entscheidend ist, sondern auch die Art und Weise, wie die betreffende Regelung in das Vertragsverhältnis eingeführt wird.