10.03.2016Fachbeitrag

Update Immobilien&Bau 1/2016

Einhaltung der Schriftform bei nur geringfügiger Anpassung der Miete

Die Einhaltung der Schriftform bei Gewerberaummietverträgen ist einer der wichtigsten Aspekte im Rahmen des Abschlusses, der Änderung/Ergänzung sowie der Verlängerung von Mietverträgen. Dabei gilt es die umfassende und sich seit Jahren im Fluss befindende Rechtsprechung des BGH zur Schriftform bei Gewerberaummietverträgen gemäß §§ 578 Abs. 1, Abs. 2, 550 S. 1 BGB zu beachten. Hinsichtlich des Schriftformerfordernisses hat der BGH seit der sogenannten Auflockerungsrechtsprechung faktisch eine Art Case Law zur Ergänzung des kodifizierten Rechts geschaffen. Diese muss gewerblichen Mietern und Vermietern (zumindest in Grundzügen) bekannt sein.

Gegenstand der BGH-Entscheidung

In seinem jüngsten Urteil zur Schriftform (Urteil vom 25.11.2015 - XII ZR 114/14) hat der BGH unter anderem die geringfügige Änderung der Miethöhe als wesentliche, dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB unterfallende Vertragsänderung beurteilt. Dem Schriftformerfordernis unterfällt grundsätzlich die Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über den Mietgegenstand, der Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses. Abreden von lediglich nebensächlicher Bedeutung lösen dagegen das Schriftformerfordernis nicht aus. Ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Vertragsbedingungen handelt, ist auch anhand der umfassenden Rechtsprechung des BGH vom anwaltlichen Berater zu prüfen.

In dem vorgenannten Fall des BGH klagten die Mieter auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses. Die Kläger schlossen mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten einen schriftlichen Mietvertrag, der sich neben bisher angemieteten Räumlichkeiten auch auf weitere Räumlichkeiten in dem Objekt bezog. Der Mietvertrag sah eine Festlaufzeit bis zum 30.04.2020 vor und als monatliche Miete waren € 1.350 vereinbart. Einige Monate nach Vertragsschluss vereinbarten der Rechtsvorgänger der Beklagten und einer der Kläger, dass die monatliche Miete um € 20,00 auf € 1.370 erhöht werde. Die Kläger vermerkten die Mieterhöhung handschriftlich auf ihrem Mietvertragsexemplar. Einige Jahre später kündigten die Kläger das Mietverhältnis unter anderem ordentlich unter Berufung auf einen Schriftformverstoß wegen der fehlenden schriftlichen Fixierung der nachträglich vereinbarten Mieterhöhung.

Bisheriger Meinungsstand

Die Frage, ob eine nachträgliche dauerhafte Änderung der Miete stets eine Änderung von wesentlichen Vertragsbedingungen darstellt oder ob zumindest Fälle, in denen es sich nur um eine unwesentliche Anpassung (Erhöhung oder auch Reduzierung) der Miete handelt, hiervon auszunehmen sind, war bis zu der Entscheidung des BGH umstritten.

Die bis dahin herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur ging davon aus, dass unerhebliche Mietänderungen nicht dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB unterfallen. Wann die regelmäßig in Prozentwerten angegebene Grenze der Erheblichkeit als überschritten anzusehen ist, wurde wiederum unterschiedlich beantwortet (1-10 %).

Die - weitestgehend in der Literatur vertretene - Mindermeinung ging davon aus, dass jede dauerhafte Änderung der Miethöhe immer eine Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen darstellt und dementsprechend immer nach § 550 S. 1 BGB schriftlich zu vereinbaren ist.

Jede Mietänderung ist nach dem BGH vertragswesentlich

Der BGH gab nunmehr der Mindermeinung den Vorzug. Dementsprechend stellt jede dauerhafte Änderung der Miethöhe eine Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen dar.
Im Wesentlichen führt der BGH aus, dass die Miete einen vertragswesentlichen Punkt darstelle, der für den von § 550 BGB geschützten potentiellen Grundstückserwerber von besonderem Interesse ist. Dies gelte umso mehr, als sich Änderungen der Miethöhe unmittelbar auf die Möglichkeit des Vermieters zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs auswirken könnten. Einerseits könnten sich auch geringfügige Erhöhungsbeträge aufsummieren und zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 lit. b) BGB führen. Andererseits könne auch der Verzug mit nur einem solchen Erhöhungsbetrag im Zusammenspiel mit anderweitigen Zahlungsrückständen des Mieters zum Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB führen. Zudem sei es aufgrund der Vielseitigkeit von Mietverhältnissen nicht möglich, einen festen Prozentwert als Grenze festzulegen, bis zu der eine Mietänderung nicht wesentlich ist. Dementsprechend spreche auch das Gebot der Rechtssicherheit gegen die Annahme einer Erheblichkeitsgrenze. Schließlich sei es auch unerheblich, ob die Mietänderung zu einer Erhöhung - und damit potentiell günstig für einen Grundstückserwerber - oder zu einer Ermäßigung der Miete geführt habe. Dies folge bereits daraus, dass die Schriftform auch den Vertragspartner schützen solle.

Kein Verstoß gegen Treu und Glauben durch den kündigenden Mieter

Der BGH stellt auch nochmals klar, dass der Mieter auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB daran gehindert ist, sich auf einen Schriftformmangel zu berufen. Eine Treuwidrigkeit könne - unabhängig von einer bis dahin ordnungsgemäßen Pflichtenerfüllung - nicht daraus abgeleitet werden, dass die Vertragslaufzeit zum Zeitpunkt der Kündigung noch mehrere Jahre betrage.

Fazit

Das neue Urteil des BGH zur Schriftform bei Gewerberaummietverträgen hat eine seit Jahren streitige Frage geklärt. Durch die Entscheidung des BGH wurde insoweit Rechtssicherheit geschaffen. Wann eine nur geringfügige Anpassung der Miete vorliegt, ist schwer zu beurteilen und barg für die Vertragsparteien bisher das Risiko, dass der auf lange Zeit geschlossene Vertrag bei einer Fehleinschätzung dieser Frage für beide Parteien entgegen deren eigentlichen Willen jederzeit ordentlich kündbar ist. Ohnehin war die bisher herrschende Meinung fragwürdig, da eine in Prozentwerten marginal erscheinende Anpassung der Miete in Summe tatsächlich zu erheblichen Erhöhungen - gerade bei langer Vertragsdauer - führen kann.

Für die Praxis bedeutet dies, dass in Zukunft jede Änderung der Miethöhe eine dem § 550 BGB genügende schriftliche Fixierung erfordert. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Vertragsparteien einen schriftlichen Nachtrag zu dem Ursprungsvertrag abschließen, sondern es reicht aus, wenn beide Vertragsparteien die Änderung in ihrem jeweiligen Vertragsexemplar gleichlautend handschriftlich vermerken. Der sicherste Weg ist jedoch der Abschluss eines schriftlichen Nachtrages. Durch diesen können auch weitere mögliche Schriftformverstöße geheilt werden.

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