Update Immobilien&Bau 8/2014
Rechtliche Beurteilung von Mischmietverhältnissen
Ein einheitliches Mietverhältnis über Wohn- und Geschäftsräume unterliegt entweder den Vorschriften über die Wohnraummiete oder den Vorschriften über die Ge-schäftsraummiete. Für die rechtliche Einordnung des Mietverhältnisses kommt es auf den überwiegenden Ver-tragszweck bei Vertragsabschluss an. (Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.07.2014 – VIII ZR 376/13):
Sachverhalt
Der BGH hat sich mit der Frage beschäftigt, welche Bestimmungen für Mischmietverhältnisse gelten. Hierbei handelt es sich um Mietverhältnisse, die sowohl eine Wohnnutzung als auch eine freiberufliche Nutzung bzw. gewerbliche Nutzung umfassen. Die Mieter hatten im vorliegenden Fall vom Vermieter eines mehrstöckigen Hauses Räumlichkeiten angemietet. Nach dem Mietvertrag war den Mietern gestattet, die Räume im Erdgeschoss als Hypnosepraxis zu nutzen. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis ohne Angabe von Kündigungsgründen und hat die Beklagten nach deren Wider-spruch auf die Kündigung auf Räumung verklagt.
Die beim Landgericht eingelegte Räumungsklage wurde wegen sachlicher Unzuständigkeit als unzulässig abgewiesen, da das Landgericht das Mietverhältnis als Wohnraummiete einordnete, wodurch die Zuständigkeit des Amtsgerichtes begründet gewesen wäre. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers führte zur Verurteilung der Mieter. Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass das Mischmietverhältnis als Gewerberaummietverhältnis einzuordnen ist und deshalb vom Vermieter wirksam gekündigt wurde. Ausschlaggebend für das Berufungsgericht war, dass die Mieter Teile der Räume mit dem Betrieb der Hypnosepraxis zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes nutzten, sodass die freiberufliche Nutzung der vorherrschende Vertragszweck sei.
Vor dem BGH hatten die Mieter mit ihrer Revision Erfolg. Der BGH bestätigt zunächst, dass das Mischmietverhältnis auf-grund der von den Parteien gewollten Einheitlichkeit entweder nach den Vorschriften über das Wohnraummietrecht oder nach den Vorschriften des Geschäftsraummietrechtes zu beurteilen ist. Weiter führt er aus, dass für die rechtliche Einordnung auf den überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsabschluss abzustellen ist. Allerdings kommt der BGH zum gegenteiligen Ergebnis, dass die Wohnnutzung überwiege und daher auf das Mischmietverhältnis Wohnraummietrecht An-wendung findet. Für die Einordnung sei nicht ausreichend, dass die Mieter ihren Lebensunterhalt in den angemieteten Räumen verdienen, da dies kein (alleiniges) sachgerechtes Kriterium für die Bestimmung des überwiegenden Nutzungs-zweckes sei. Der BGH stellt weiter klar, dass in diesen Fällen eine Einzelfallprüfung erforderlich ist und alle auslegungsrelevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Der BGH führt dazu aus, dass bestimmten Umständen Indizwirkungen zukommen können, namentlich die Verwendung eines auf einen der beiden Nutzungsarten zugeschnittenen Vertragsformulars, das Verhältnis der für die jeweilige Nutzungsart vorgesehenen Fläche und die Verteilung der gesamten Miete auf die einzelnen Nutzungsanteile. Wenn nach der Einzelfallprüfung eine überwiegende gewerbliche Nutzung nicht festgestellt werden kann, sind die Wohnraummietvor-schriften anzuwenden. Im vorliegenden Fall hat der BGH da-rauf abgestellt, dass ein auf Wohnraummiete zugeschnittenes Mietvertragsformularmuster verwendet wurde, welches weiter für Gewerberaummietverhältnisse untypisch eine unbestimmte Vertragslaufzeit hatte und dass eine einheitliche Miete oh-ne Umsatzsteuernachweis vereinbart war. Diese Umstände haben nach der Auffassung des BGH die Einordnung als Wohnraummietverhältnis begründet.
Praxishinweis
Die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses ist von wesentlicher Bedeutung, da die Wohnraummietvorschriften anders als die Vorschriften zum Gewerberaummietrecht umfangreiche mieterschützende Vorschriften und Sonderregeln vorsehen. Im vorliegenden Fall führte dies dazu, dass die Kündigung bei einem Wohnraummietverhältnis unwirksam, die Kündigung bei einem Gewerberaummietverhältnis wirksam war.
Der BGH hat zutreffend dargelegt, dass sich die Einordnung nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt, wobei er für die Praxis einige Indizkriterien genannt hat. Für den Vermieter ist es daher wichtig, dass er Tatsachen schafft, die für eine Einordnung als Gewerberaummietverhältnis sprechen, wie beispielsweise, die Verwendung eines Gewerbemietvertrages statt der Verwendung eines Wohnraummietvertrages usw. Deshalb ist größte Sorgfalt bei der Vertragsgestaltung und beim Vertragsabschluss geboten, um nicht unbeabsichtigt in das Wohnraummietrecht zu rutschen.